Günther Maria Halmer liest Ludwig Thomas Klassiker


Heilige Nacht schon am zweiten Advent


Sie berührt die Herzen und ist aus der Vorweihnachtszeit nicht wegzudenken: „ Die heilige Nacht“ von Ludwig Thoma. In Unterführung hat der beliebte Schauspieler Günther Maria Halmer diese Weihnachtslegende in bayerischer Sprache gelesen. Eine Frohbotschaft für die Zuhörer


Von Marion Friedl


Unterführung - Mit viel Gefühl begibt sich Günther Maria Halmer auf die beschwerliche Herbergssuche und spart auch nicht an herzlos-harter Betonung, wenn Maria und Joseph harsch abgewiesen werden. Die Verzagtheit von Maria war ebenso zu hören und fast zu spüren, wie die Hoffnung. Günther Maria Halmer malte aber nicht nur mit unerbittlicher Kälte die Welt der Ablehnung aus: Er führte mit Traurigkeit die fehlende Mitmenschlichkeit vor Augen, näherte sich einfühlsam der Resignation an, löste dies mit Milde und Güte angesichts der Hilfsbereitschaft von bettelarmen Menschen wieder auf und verbreitete am Ende die Wärme der Zuversicht und das Strahlen des freudigen Ereignisses bei der Geburt des Jesuskindes.


Ein Meister der Sprache und Betonung war da am Werk. Er lässt vor dem geistigen Auge Bilder einer verschneiten Landschaft aufscheinen. Die Zuhörer meinen, die Stille der kalten Nacht förmlich zu spüren, wenn Günther Maria Halmer liest: „ im Woid is’ so staad. Alle Wege san verschnieb’n. Is koa Steiger’l mehr blieb’n.“ Begleitet vom Marina Eisenreich Quartett, gelang eine schöne und stimmungsvolle Lesung.


Die Musiker setzten vielfach auf einfache, aber anrührende Klangbilder. Perfekt passten die teils sphärischen Musikstücke zu der biblischen Geschichte und zur bayerischen Mundart, deren Ausdrucksvielfalt und Deutlichkeit sowohl in den gefühlvollen als auch in den harten Momenten des Dialektes deutlich wurde. In Kombination mit der ausdrucksstarken Stimme von Günther Maria Halmer entstand eine eindringliche, ergreifende und anrührende „Heilige Nacht“, die gefühslintensiv und einhüllend in das berühmteste Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ mündete. Ein glänzender Schlusspunkt unter einer glanzvollen Lesung der Weihnachtsgeschichte, die Glanz in die Herzen der Zuhörer brachte.



»Heilige Nacht« auf Schloss Amerang

Folgt man den Erinnerungen des Volksschauspielers Bertl Schultes, so war Ludwig Thoma mit einem Jäger zur Adventszeit in den Tegernseer Bergen unterwegs, als ihn der Jäger vor sich hinsagen hörte: »Im Wald is so staad. Alle Weg san vawaht. Alle Weg san verschniebn. Is koa Steigl net bliebn.« Die Geburtsstunde der Dichtung von der »Heiligen Nacht ...« Nach dreimonatiger Arbeit war das Werk dann im März 1916 vollendet und zählt seitdem zu den beliebtesten Vorlesestoffen in der Vorweihnachtszeit.


Entsprechend bis auf den allerletzten Platz besetzt war der Innenhof von Schloss Amerang, als der bekannte Schauspieler Günther Maria Halmer die Geschichte von der »Heiligen Nacht« wiedergab, begleitet vom Martina Eisenreich Quartett. Eine Premiere übrigens, doch Halmer gelang es auf Anhieb, sich in der Sprache Thomas einzurichten und die in bairischer Mundart und gereimten Strophen verfasste Nacherzählung der biblischen Weihnachtsgeschichte dem Publikum ans Herz zu legen.

Urtümlich, direkt und doch einfühlsam verwandelte der gebürtige Rosenheimer den Text dabei in ein dicht atmosphärisches Hörspiel mit zugespitzten Dialogen und überaus lebendigen Beschreibungen des legendären Geschehens. Er ließ uns auf ganz eigene Weise teilhaben an der Herbergssuche von Maria und Josef im verschneiten Bethlehem, an ihren Begegnungen mit ebenso reichen wie herzlosen Menschen, aber auch mit zwar armen, dafür jedoch freundlichen, hilfsbereiten Zeitgenossen. Und lieferte nebenbei einen Beweis für die schlichte Schönheit der bairischen Sprache.

Musikalisch umrahmt wurde die Lesung von der Geigerin und Komponistin Martina Eisenreich, die in perfektem Zusammenspiel mit Wolfgang Lohmeier (Perkussion), Christoph Müller (Gitarre) und Stephan Glaubitz (Kontrabass) brillierte, gefühlsauthentisch und von herzerwärmend berührender Qualität. Einfach grandios, wie das Quartett nach einem virtuosen Intro den Spannungs-bogen der Erzählung mit teils minimalistischen Klangbildern intensivierte, bevor es mit einer wunderschön verträumten, hingebungsvollen Interpretation von »Stille Nacht, heilige Nacht« den Abend ausklingen ließ.


Wolfgang Schweiger

Quelle: Traunsteiner Tagblatt